Bisher galt und hatte sich in den Köpfen der Bevölkerung so festgesetzt, dass sich ein Fahrzeugführer, der mit einem Kraftfahrzeug oder dem Fahrrad am öffentlichen Straßenverkehr mit einer Blutalkohol-konzentration von 1,6 Promille und mehr einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung zu unterziehen hatte. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 13 FeV (Fahrerlaubnisverordnung) wieder.

Seit Längerem zeichnet sich jedoch die Tendenz ab, bereits ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille eine MPU für rechtlich zulässig zu erachten.

Vorreiter war insoweit der VGH Mannheim. Dieser hat mit Urteil vom 15.01.2014, Az. 10 S 1748/13 entschieden, dass bereits eine einmalige Fahrt unter Einfluss von Alkohol im Blut von 1,1 Promille eine MPU zur Folge haben kann bzw. muss. Begründet wird dies mit der Regelung in Anlage 4 FeV, Punkt 8.1. zu §§ 11, 13, 14 FeV, worin geregelt ist, dass von fehlender Fahreignung letztlich dann auszugehen ist, wenn von einem sog. Alkoholmissbrauch zu sprechen ist, was der Fall ist, wenn zwischen dem Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hin-reichend sicher getrennt werden kann.

Zwischenzeitlich hat sich diese Praxis nach Presseberichten neben Baden-Württemberg, auch in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, durchgesetzt.

Der VGH München setzte in seiner Entscheidung vom 17.11.2015 (Az.: 11 BV 14.2738) dem Ganzen sogar die Spitze auf, in dem er ausurteilte, dass eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung immer dann anzuordnen sei, wenn das Gericht nach einer Trunkenheitsfahrt durch das Gericht die Fahrerlaubnis entzogen werde – dies unabhängig von dem Blutalkoholwert. Im dort zu entscheidenden Fall betrug die Blutalkoholkonzentration 0,3 Promille.

Zwischenzeitlich wurde die Problematik auch auf dem in dem Januar 2016 stattgefundenen 54. Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutiert. Hierbei sprach sich der Arbeitskreis zwar gegen eine MPU-Anordnung bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt bei einer Blutalkoholkonzentration von unter 1,1 Promille aus, befürwortete jedoch eine Anordnung ab 1,1 Promille für auffällige Autofahrer.

Derzeit gilt noch, dass die meisten Bundesländer eine MPU bei einer erstmaligen Fahrt unter Alkohol erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille anordnen. Für den betroffenen Fahrzeugführer eröffnet diese uneinheitliche Handhabung derzeit noch die Möglichkeit, seinen Wohnsitz in ein Bundesland zu verlagern, welches die strengeren Regelungen noch nicht praktiziert. Dies führt letztlich zu einem innerdeutschen Führerscheintourismus. – Wie lange dies allerdings jedoch möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Insoweit wird wohl erst eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder aber eine Gesetzesänderung für Klarheit und damit eine einheitliche Handhabung sorgen können.

  • Rechtsanwältin Yvonne Bechstein, Fachanwältin für Strafrecht

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